Studien zur Anthroposophie

Michael Muschalle


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Michael Muschalle

Rudolf Steiners Begriff der Denk-Beobachtung

(Stand 12.07.01)

Kapitel 9

Empirische Gegebenheitsbedingung der Beobachtung und Reflexionsbedingung der Denk-Beobachtung

Aus diesen Betrachtungen ergeben sich nun zwei miteinander korrespondierende Gründe, warum wir das aktuelle Denken zwar erfahren, aber nicht gleichzeitig beobachten und unter beschreibende Begriffe bringen können. Beide Argumente basieren auf empirischen Erfahrung des Denkens, stellen also Beschreibungen von Denk-Erfahrungen dar und haben keineswegs axiomatischen Charakter; und sie wurzeln auch gemeinsam im Faktum der Selbstgegebenheit des Denkens. Beide Gründe werden von Steiner im dritten Kapitel der "Philosophie der Freiheit" angeführt. Diese dort dargelegten Rechtfertigungen für die Unbeobachtbarkeit des aktuellen Denkens sind die folgenden:

Erstens: weil der Prozeß oder Sachverhalt zumindest als Minimalgegebenheit überhaupt erst einmal vorliegen muß, damit wir etwas beschreiben können, denn wenn wir etwas beschreiben wollen, benötigen wir selbstverständlich einen Erfahrungsinhalt der zu beschreiben ist, sonst läuft unser Beschreibungsversuch ins Leere. "Zwei Dinge vertragen sich nicht: tätiges Hervorbringen und beschauliches Gegenüberstellen. Das weiß schon das erste Buch Moses. An den ersten sechs Welttagen läßt es Gott die Welt hervorbringen, und erst als sie da ist, ist die Möglichkeit vorhanden, sie zu beschauen: «Und Gott sahe an alles, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut.» So ist es auch mit unserem Denken. Es muß erst da sein, wenn wir es beobachten wollen." So heißt es dazu auf S. 43 f der "Philosophie der Freiheit" und auf S. 49: "Wollten wir mit dem Denken warten, bis wir es erkannt haben, dann kämen wir nie dazu. Wir müssen resolut darauf losdenken, um hinterher mittels der Beobachtung des Selbstgetanen zu seiner Erkenntnis zu kommen. Der Beobachtung des Denkens schaffen wir selbst erst ein Objekt. Für das Vorhandensein aller anderen Objekte ist ohne unser Zutun gesorgt worden."

Wir brauchen auf jeden Fall also eine Materialbasis für eine Beschreibung. Wir können diese Bedingung die »empirische Gegebenheitsbedingung der Beobachtung« nennen, die für alle Formen von Beobachtung gilt, sei sie auf Billardtische oder Gedanken gerichtet. Diese »empirische Gegebenheitsbedingung« verlangt nicht mehr und nicht weniger als erfahrungsförmige empirische Gegebenheit - in welchem Sinne auch immer - eines Beobachtungsgegenstandes. Wieweit ein solcher Prozeß bzw. die Tatsache vorliegen muß, das hängt ganz von unseren Beobachtungsintentionen ab. Es ist beim Denken davon abhängig, welcher Aspekt des Denkens uns jeweils einer Beobachtung wert erscheint und das kann sich gegebenenfalls auf ein sehr kurzes Zeit- oder Prozeßintervall beziehungsweise auf eine minimale gedankliche Einheit - z. B. die Bedeutung des Identitätszeichens "=" oder auf die Art seiner gedanklichen Repräsentanz im Bewußtsein - beziehen. Es kann sich aber auch mehr darauf beziehen, was in den Tiefen unseres Seelenlebens vorgeht, wenn wir denken oder uns etwa einer Meditation hingeben. Steiners Gesetz der "Unbeobachtbarkeit" macht in dieser Hinsicht keinerlei Einschränkung. Es folgt lediglich einem empiristischen Grundprinzip das da lautet: wenn etwas beobachtet werden soll, dann muß es auch gegeben sein, sonst kann es nicht beobachtet werden. Dieses Grundprinzip legt also für jede Beobachtung eine zwingende Reihenfolge fest in der Art: erst das Gegebensein, dann die Beobachtung - und diese Maxime gilt selbstredend auch für das Selbstgegebene. Wenn also etwas am Denken beobachtet werden soll, dann muß es vorliegen, andernfalls geht es auch hier nicht. Denn was nicht vorliegt, das kann auch nicht beobachtet werden.

Zweitens können wir das aktuelle Denken nicht beobachten - und hierauf bezieht sich im engeren Sinne Steiners Spaltungsargument - weil wir nicht gleichzeitig zwei verschiedene Dinge denken bzw. zwei verschiedene Denkprozesse vollziehen können; denn der beschreibende bzw. beobachtende und der beschriebene bzw. beobachtete Denkvorgang sind inhaltlich gesehen zwei ungleiche Denkprozesse. Wenn Steiner die simultane Beobachtung des sich vollziehenden Denkens mit dem Argument ablehnt: "Ich müßte mich in zwei Persönlichkeiten spalten: in eine, die denkt, und in die andere, welche sich bei diesem Denken selbst zusieht, wenn ich mein gegenwärtiges Denken beobachten wollte." dann spricht er hier von zwei divergenten, aber gleichzeitigen Denkprozessen, die bei der Beobachtung des aktuellen Denkens nötig wären: Ein Denken, das vollzogen wird, und ein zweites Denken, das dem ersten "zusieht". Dieses »Zusehen« entspräche einer simultanen »denkenden Betrachtung« des beobachteten Denkens. Das heißt, dieses »Zusehen« bestünde darin, daß ich mich meinem gegenwärtigen Denken gegenüberstelle und mir parallel zu seinem Geschehen Gedanken darüber mache.

Wir können diese zweite Bedingung eine »Reflexionsbedingung der Denk-Beobachtung« nennen, denn beobachten können wir das Denken nur, indem wir es als Gegebenes gedanklich reflektieren, das heißt: indem wir unser Denken auf die Denk-Erfahrung richten und uns mit dieser Erfahrung gedanklich auseinandersetzen. Diese »Reflexionsbedingung« ergibt sich notwendig aus dem Umstand, daß das Denken nur vom Denken selbst unmittelbar beobachtet werden kann, wobei "unmittelbar" nicht etwa heißt "simultan zur Gedankenproduktion", denn die Gleichzeitigkeit wird ja gerade von Steiner ausgeschlossen, sondern "durch kein anderes, etwa externes Verfahren oder Mittel (z.B. hirnphysiologischer oder neurobiologischer Art 104) außer durch das Denken selbst". Wir müssen uns also daran erinnern, daß das Denken »unmittelbar« - ohne Umweg über andere Methoden - nur durch das Denken selbst beobachtet bzw beschrieben werden kann. 105 Das beobachtende Denken ist nun zwar dasselbe wie das beobachtete - "Der beobachtete Gegenstand ist qualitativ derselbe wie die Tätigkeit, die sich auf ihn richtet."106 - aber die gedachten Inhalte sind verschieden und entsprechend ungleich ist auch die Denkrichtung. Und wollten wir zwei verschiedene Denkprozesse im selben Augenblick vollziehen, so müßten wir - das ist der Sinn des Spaltungsarguments von Steiner, Wundt und Bühler - unsere Persönlichkeit spalten. Der Begriff der Persönlichkeitsspaltung bekommt übrigens bei Steiner noch eine besondere Prägnanz durch den Zusatz von 1918 zur "Philosophie der Freiheit", "daß nur in der Betätigung des Denkens das «Ich» bis in alle Verzweigungen der Tätigkeit sich mit dem Tätigen als ein Wesen weiß." 107

Dieser zweite Grund der Unbeobachtbarkeit ist nicht mehr ganz so offensichtlich wie der erste, da Steiner sich nicht ausführlicher über den näheren Anlaß der Persönlichkeitsspaltung äußert und man somit Gefahr läuft, die Beobachtung des Denkens mit seiner unmittelbaren Erfahrung zu verwechseln, mit den entsprechenden antinomischen Folgen. An dieser Stelle ist ein Blick in die zeitgenössische Denkpsychologie hilfreich, weil sich dadurch Verständnisoptionen auftun, die durch das Studium der Steinerschen Schrift allein nicht ohne weiteres sichtbar werden, wenngleich diese Denkmöglichkeiten implizit darin enthalten sind. Erschwert wird ein solcher Interpretationsansatz auch, da man zunächst darauf kommt, daß man doch in vielen Fällen seine Aufmerksamkeit teilen und augenscheinlich verschiedenen Dingen gleichzeitig zuwenden kann. In dieser Hinsicht möchte ich Wilhelm Wundt auch nicht ohne Einschränkungen zustimmen, denn es geht bei der Denk-Beobachtung nicht nur um Aufmerksamkeitsteilung. Ein gewissenhafter Autofahrer muß sehr vielen Dingen gleichzeitig seine Aufmerksamkeit schenken und ein guter Schlagzeuger kann mit jeder Extremität einen anderen Rhythmus schlagen, gleichzeitig vielleicht noch singen und darüber hinaus die musikalischen Abläufe bei seinen übrigen Bandmitgliedern im Auge behalten. Aber das sind weitgehend denkunabhängige Abläufe (geworden), wie es das virtuose Spiel eines Konzertpianisten ist.

Anders ist die Sache gelagert, wenn Wundt - eigentlich nur implizit - von einer "doppelten Denkrichtung" spricht und hier erweist sich Steiners Zusatz von 1918 als ein wesentlich präziseres Kriterium zum Verständnis der Persönlichkeitsspaltung als der Aufmerksamkeitsbegriff Wilhelm Wundts. Wundt gibt uns hier zwar einen entscheidenden Verständnishinweis, aber er rekurriert nicht explizit auf den Begriff des Denkens beziehungsweise der Denktätigkeit, sondern - ebenso wie Bühler - auf den der Aufmerksamkeit, während bei Steiner die Persönlichkeit oder das »Ich« und seine Spaltung in direktem und unauflöslichem Zusammenhang steht mit der Tätigkeit des Denkens. (Zum Verhältnis des »Ich« zum reinen Denken siehe ausführlicher auch GA-35, 1984, S. 100 ff) Wenn wir unser beobachtendes oder betrachtendes Denken auf die Denk-Erfahrung richten, dann verwenden wir im Sinne dieses Zusatzes auf diese Denkaktion nicht nur unsere volle Aufmerksamkeit, sondern wir wissen uns mit dem Tätigen "bis in alle Verzweigungen der Tätigkeit als ein Wesen." Sollte dieses Wesen jetzt eine doppelte Denkrichtung einschlagen wollen, dann müßte es sich entsprechend auch in einer doppelten Richtung beziehungsweise gleichzeitig in zwei verschiedenen oder gegenläufigen Tätigkeitsrichtungen bis in alle Verzweigungen mit dem Tätigen als ein Wesen wissen. Dieses Ich müßte also sein Denken verdoppeln - es müßte denken und sich gleichzeitig mit einem zweiten Denken dem ersten gegenüberstellen und dieses denkend betrachten und das geht nach Steiner nur bei Spaltung dieses Wesens.

Hier liegt folglich im Vergleich zu Wundts Ansicht eine Präzisierung des Begriffes von Denk-Beobachtung vor und man könnte diese Präzisierung gar noch mit einem gewissen Recht auf die Spitze treiben und sagen: von Denk-Beobachtung ist überhaupt nur die Rede, wenn sich das tätige Wesen einzig und ausschließlich auf diese Tätigkeit richtet und die unmittelbaren Erzeugnisse dieser Tätigkeit. Ob man dann die Phänomene, die während dieser Tätigkeit gleichsam nebenher an die Oberfläche des Bewußtseins mit heraufgerissen und heraufgeschwemmt werden, die bei genauer Betrachtung nicht den unmittelbaren Charakter des Hervorgebrachten, sondern des Fremdgegebenen haben, wie zum Beispiel Gefühle oder Symbolismen verschiedenster Art, der Denk-Beobachtung zurechnen will oder einer anderen Kategorie von Beobachtung, möchte ich hier dahingestellt sein lassen. Klar ist allerdings auch bei diesen Phänomenen, soweit sie in enger Korrelation zu unserer unmittelbaren Denktätigkeit stehen, daß wir begrifflichen Auschluß über sie nur über nachfolgende zusätzliche Denkakte erlangen können - wir können also auch über sie nicht simultan denken.

Eine "doppelte Denkrichtung" läge zum Beispiel vor, wenn wir zur selben Zeit, sozusagen in einem Durchgang, eine Reiseroute von Hamburg nach Venedig planen und simultan über die Metaphorik in Kafkas "Verwandlung" nachsinnen wollten. Sie liegt aber auch dann vor, wenn wir einen beliebigen Gedanken durchdenken und im selben Moment dieses tätige Denken beobachten oder beschreiben wollten, was eben auch ein Denken ist, aber ein Denken mit einer ganz anderen Intention als der beobachtete Denkakt. Der Leser mag sich zur persönlichen Klärung dieses Sachverhalts einem einfachen aber aufschlußreichen Versuch unterziehen: er mag sich einmal fragen, ob irgend ein beliebiger Denkakt, den er gerade vollzieht, dem entspricht, was man in der Logik einen Implikationsschluß nennt, also einen Schluß nach der Weise: »Wenn A, dann B - A ist gegeben, also ist auch B gegeben«. Er soll also sich also bemühen, auf seinen aktuellen Denkvollzug den deskriptiven logischen Begriff des Implikationsschlusses anzuwenden. Er mag nun herausfinden, ob er diese einfache Schlußfigur in seinem aktuellen Denken identifizieren kann, während er an etwas anderes denkt und zwar ohne diesen anderen Denkprozeß irgendwie zu unterbrechen. Und er möge sich einmal überlegen, welche kognitiven Operationen sonst noch notwendig sind, bis er einigermaßen sicher ist, daß seine Gedankenfolge dem genannten Implikationsschluß entspricht. In gleicher Weise möge er in einer beliebigen Erkenntnissituation, »während« er eine Evidenzerfahrung hat, in eben diesem Augenblick sich klarzumachen versuchen, »daß« er eine Evidenzerfahrung hat, und zwar auch hier ohne die ursprüngliche Richtung des Denkprozesses auch nur für einen Moment zu verlassen. Es würde ihm die Einsicht in das Faktum der Unbeobachtbarkeit des aktuellen Denkens sehr erleichtern.

Wenn wir - um bei der Evidenz zu bleiben - eine solche Erfahrung haben, etwa als Resultat unserer obigen Schlußfolgerung die Evidenz, daß »A=C«, und uns vergewissern wollen, daß sie einer Evidenzerfahrung entspricht, dann müssen wir auf dieses Erlebnis unseren Begriff von Evidenz anwenden und sind entsprechend genötigt, unser Denken vom ursprünglichen Denkinhalt weg und auf den deskriptiven Begriff der Evidenz zu richten, das heißt wir haben damit einen neuen Denkprozeß mit einer gegenüber dem anfänglichen Denkvorgang andersartigen Richtung initiiert. Dazu müssen wir erst einmal den deskriptiven Begriff der Evidenz fassen und uns denkend klarmachen, was er bedeutet, um anschließend das Resultat dieser Reflexion mit der zu bestimmenden Erfahrung zu kontrastieren. Das mag uns nur einen Wimpernschlag kosten wenn wir gedanklich und im Umgang mit dem Evidenzbegriff sehr routiniert und geistesgegenwärtig genug sind, den Begriff im entscheidenden Augenblick auch anzuwenden, aber für diesen Moment haben wir unsere Denkrichtung geändert und sind mit dem Denken eben dort, bei einer anderen Frage und nicht mehr bei unserem Ausgangsgedanken. Aus unserer ursprünglichen Denkrichtung, ob »A=C?«, ist eine andere geworden, nämlich die, ob das Denkerlebnis, das wir im Vollzug des Beweises haben, eine Evidenz ist oder nicht.

Abgesehen davon, daß auch in diesen beiden Selbstversuchen der Denkprozeß erst beobachtet oder beschrieben werden kann, wenn er bereits erfahrungsseitig vorliegt - das heißt, und das ist mir wichtig zu betonen: der Denkprozeß ist vor seiner eigentlichen Beobachtung als bewußte Erfahrung oder als Denk-Erlebnis bereits gegeben - kann daran doch deutlich werden, daß eine doppelte Denkrichtung einzuschlagen uns nicht möglich ist: wir können unser Denken nicht zweiteilen und es zugleich in diese Richtung schicken und in jene. Und es wird daran ebenso anschaulich, daß es etwas durchaus verschiedenes ist, eine Evidenzerfahrung lediglich zu »haben«, als sie zu »beobachten« respektive denkend zu betrachten oder zu »beschreiben«, wie es desgleichen etwas anderes ist, einen logischen Beweis zu vollziehen, als ihn denkend zu betrachten und zu beschreiben. Wenn wir jetzt abschließend noch in Betracht ziehen, daß die deskriptive Begrifflichkeit in den beiden Selbstversuchen - für Philosophen zumindest - keine unbekannte ist, so daß wir bloß mehr oder weniger Vertrautes wiedererkennen müssen, dann mag daraus erhellen, um wieviel mühsamer und gedanklich diffiziler erst das Beobachtungsunterfangen wird, wenn eine derartige deskriptive Begrifflichkeit noch gar nicht vorliegt, sondern überhaupt erst zu eruieren ist. Und das charakterisiert ja weitgehend die Lage einer empirischen Wissenschaft des Denkens. Deswegen ist es nicht nur sinnvoll sondern sogar notwendig zwischen der »Erfahrung« und der »Beobachtung« des Denkens zu unterscheiden. Ihre Gleichsetzung läuft ins Absurde und in dieser Einsicht stimmen die Psychologen mit Steiner ganz offensichtlich überein.

Wenn Rudolf Steiner nun im dritten Kapitel der "Philosophie der Freiheit" darauf hinweist, daß wir unser gegenwärtiges Denken nie beobachten können, weil wir unsere Persönlichkeit sonst spalten müßten und wenn er ferner hervorhebt, daß wir unser Denken nur beobachten können, wenn es als Sachverhalt schon vorliegt, dann, so glaube ich, ist das begreiflich. Nur sollten wir uns auf gar keinen Fall dazu verleiten lassen, dieses »Beobachten« mit einem schlichten »Erfahren« gleichzusetzen. Auf der anderen Seite kann auf Grund unserer bisherigen Darstellung auch klar werden, daß sich die erkenntnistheoretische Grundfrage Herbert Witzenmanns: "Wie aus Unbeobachtbarem Erinnerungen werden können?" gegenüber Steiners Erkenntnistheorie, oder besser: aus der Sicht dieser Erkenntnistheorie gegenüber dem Denken, überhaupt nicht mehr sinnvoll stellen läßt, wenn man den Steinerschen Begriff von Denk-Beobachtung so gefaßt hat, wie oben geschehen. Denn die Auffassung von der Unbeobachtbarkeit des aktuellen Denkens besagt: Ich kann über mein aktuelles Denken nicht simultan nachdenken, weil ich mein Denken nicht verdoppeln kann, und weil ich zudem auch über gar keinen Inhalt verfügte, der zu betrachten wäre, solange er nicht in der Erfahrung gegeben ist. Deswegen kann ich mein aktuelles Denken nur erfahren oder erleben und das ist - bis zu einem gewissen Grade jedenfalls - auch erinnerbar.

Ende Kapitel 9                


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